Es sind nur vier Buchstaben…
Kennst du das schwerste Wort der deutschen Sprache? Es ist kurz und knapp und es ist sogar für Ausländer einfach auszusprechen. Und doch haben sehr viele Menschen sehr große Schwierigkeiten, dieses kleine Wörtchen tatsächlich zu benutzen. Errätst du es? Nein?
Genau! Es ist das Wort NEIN. Vier Buchstaben, die es uns via Sprache ermöglichen, unsere ablehnende Haltung einer Person oder Sache gegenüber zu verdeutlichen. Eine einzige Silbe, die uns hilft, die eigenen Grenzen aufzuzeigen und unseren Willen im Kontrast zum Willen anderer auszudrücken. Ein kleines Wörtchen, mit dem wir den Forderungen unserer Mitmenschen Einhalt gebieten und – ganz wichtig – Grenzüberschreitungen verhindern können.
NEIN! Oder auch HALT! STOP! ENDE!
Warum aber fällt es vielen Zeitgenossen so schwer, dieses kurze Wort kraftvoll und deutlich auszusprechen? Was hindert sie daran, die eigene Position stark aufzuzeigen und damit eine Demarkationslinie zu ziehen und Übergriffen, ob physischer, psychischer oder sonstiger Natur, eine klare Absage zu erteilen? Die Gründe hierfür sind vielfältig, haben aber immer mit Angst zu tun: Angst vor Ablehnung, Angst davor, als egoistisch zu gelten, Angst davor, die Gefühle anderer zu verletzen, Angst davor, Ärger zu bekommen und vieles mehr. Klar: Wer nicht gut NEIN sagen kann, ist im Allgemeinen bei seinen Mitmenschen sehr beliebt, können sie doch sicher sein, IHRE Interessen auf diesem Wege durchzusetzen.
Nun ist es ja einerseits wichtig, dass wir im Laufe unserer Sozialisation lernen, die eigenen Wünsche in bestimmten Situationen und Kontexten zurückzustellen, uns einzufügen, Gemeinschaftsinteressen zu verfolgen, „teamfähig“ zu werden und zu kooperieren. Doch andererseits ist es ebenso wichtig, dass wir lernen, in anderen Situationen und Kontexten unsere eigenen Ziele, Werte, Meinungen, Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse zu verteidigen, dafür einzustehen, sie auch gegen Widerstände durchzusetzen und für unsere Visionen zu kämpfen. Vermutlich besagt ein afrikanisches Sprichwort deshalb sehr zutreffend: „Zur Erziehung eines Kindes braucht man ein ganzes Dorf.“ Hier ist die Pluralität immanent. Wunderbar.
Durch Angst zum JA konditioniert
Da wir in unseren Breiten jedoch mehrheitlich in preussisch-strenger und nicht gerade erMUTigender Weise zu Disziplin, Pflichterfüllung und Leistungserbringung erzogen wurden, ist vermutlich so manche Delle im Selbstwertgefühl des Einzelnen entstanden, die sich in Konflikten und schwierigen Alltagssituationen ungünstig auswirken dürfte. Wer mit Strafen erzogen wurde, wird auch als Erwachsener Angst vor Strafen haben, wer als Kind mit Demütigung und Liebesentzug diszipliniert wurde, hat höchstwahrscheinlich auch mit 50 noch Angst davor. Das ist zwar verständlich, deshalb aber nicht weniger bedauerlich. Und es muss ja auch nicht so bleiben. Wenn wir uns unserer Tendenzen zur Vermeidung von Konflikten oder der Neigung zum Ja-Sagen bewusst werden, können wir jederzeit unser Verhalten ändern.
Wenn wir uns der eigenen Denk- und Verhaltensweisen bewusst werden und sie ohne Selbstbewertung wahrnehmen, kommen wir der Fähigkeit zu mehr Abgrenzung und damit mehr Durchsetzung des eigenen Selbst entscheidende Schritte näher. Tatsächlich brauchen wir eine ganze Menge MUT, um dieses Nein-Sagen zu trainieren, wohl wissend, dass dies dem eigenen Selbstwertgefühl und Wachstum erst dann dient, wenn wir über uns selbst hinauswachsen. Gerade die aktuellen Entwicklungen in unserem Land und in der Welt sind hierfür ideale Trainingsmöglichkeiten.
Es braucht viel MUT zum Nein
Im Kontakt mit meinen Klient*innen nehme ich eine täglich wachsende Neigung zum „NEIN“ wahr, eine steigende Lust, endlich „STOP“ zu rufen, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten und sich selbst Gehör zu verschaffen. Doch die Angst ist meist noch stärker als dieser Drang – wir arbeiten daran… Vor einigen Tagen erzählte mir ein vor Sorge um seinen Kleinbetrieb schlafloser und maximal gestresster Mittfünfziger, er höre neuerdings immer wieder das Lied „Sage NEIN!“ von Konstantin Wecker und es ermutige ihn sehr. Ich habe es mir daraufhin selbst noch einmal angehört und den Songtext nachgelesen: Der Mann hat Recht! (Klicke zum Anhören oder Nachlesen auf die blau unterstrichenen Wörter oben.)
Tatsächlich ist es völlig egal, WOGEGEN du bist: Corona-Maßnahmen, Grundrechts-Einschränkung, Rassismus, Umweltzerstörung, 5G, Überwachungs-Apps, Pharma-Lobby, Tierleid, Sexismus, Verschwörungstheoretiker, Armut, Drohnen, Impfungen, Plastikflut, Linksradikale, Rechtsradikale etc.? Oder der Chef, der dir immer mehr Arbeit auf den Tisch packt, der Partner, der dich anschnauzt, das Kind, das dir auf der Nase herumtanzt, der Nachbar, der zu später Stunde laute Musik spielt, die Freundin, die sich nur meldet, wenn sie etwas von dir will etc.? Es kann jedenfalls nicht sein, dass du mit all dem einverstanden bist.
STEH AUF!
Also warum sagst du nicht einmal laut und entschieden „NEIN“? Warum stehst du nicht einmal FÜR DICH SELBST und deine Meinung, deine Bedürfnisse und deine Einstellungen auf? Damit bist du dann nämlich plötzlich dein eigener FÜR-SPRECHER. Abgrenzung ist wichtig und richtig, wir dürfen uns nicht alles gefallen lassen – egal von wem! Sonst enden wir wie der Frosch im Kochtopf, der nicht heraussprang, obwohl das Wasser immer wärmer wurde (hier kannst du die Geschichte nachlesen). Wichtig ist dabei aber, dass wir stets respektvoll, wertschätzend, freundlich, aber fest, für unseren Standpunkt eintreten. Klar, deutlich, liebe-voll.
Mein allerneuestes Lieblings-ErMUTigungs-Lied stammt übrigens auch von Konstantin Wecker und hat mich tief berührt: Es heißt „Willy 2020“ – vielleicht magst du es dir mal anhören… Gänsehaut garantiert. Und bitte vergiss bei all dem Nein-Sagen und Abgrenzen nicht, dass auch andere das Recht haben, Nein zu sagen und sich abzugrenzen. Denn: Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden.
Wenn du nun ein wenig nachdenklich geworden bist und gerne mehr erfahren möchtest über die Kunst des Nein-Sagens und Lösungen suchst für verschiedene (Ab-)Grenzfälle, dann melde dich doch gleich zum nächsten Web-Seminar am 8. Juli 2020 an und sage: STOP IT!
Ich freue mich auf dich!
(PS: Falls das Web-Seminar schon vorbei sein sollte, kannst du dir die Aufzeichnung hier downloaden.)
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